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Kindesentziehungen
Eine Kindesentziehung liegt vor, wenn ein Elternteil ohne Einverständnis des (ebenfalls) sorgeberechtigten anderen Elternteils die gemeinsamen Kinder ins Ausland entführt oder deren Rückreise verhindert. Hier finden Betroffene nützliche Hinweise zu Beratungsstellen und Verfahrensmöglichkeiten.
Allgemeines
Eine grenzüberschreitende Kindesentziehung liegt vor, wenn ein Elternteil ohne Einverständnis des (ebenfalls) sorgeberechtigten anderen Elternteils die gemeinsamen Kinder ins Ausland entführt oder nach einer Urlaubsreise deren Rückreise verhindert. Die Botschaft wird bei Kindesentziehungen häufig um Unterstützung gebeten, hat aber keine rechtlichen und nur sehr begrenzte tatsächliche Möglichkeiten, um bei der Rückführung entzogener Kinder nach Deutschland zu helfen. Sorgerechts- und Aufenthaltsbestimmungsfragen sind durchweg in allen Ländern der Welt der Justiz zugeordnet, also den Gerichten. Dies gilt auch für Regelungen zum Umgangsrecht.
Die Botschaft Belgrad kann keinen Einfluss auf z.B. serbische Gerichtsentscheidungen nehmen. Sie kann eine solche Einflussnahme auch nicht bei den Regierungen des jeweiligen Landes erbitten. In einem umgekehrten Fall würde die Bitte auf Einflussnahme auf deutsche Gerichte von ausländischen Regierungen unter Hinweis auf die Unabhängigkeit der Justiz zurückgewiesen. Die Unterstützungsmöglichkeiten der Botschaft sind auch dann sehr eingeschränkt, wenn die entzogenen Kinder auch serbische Staatsangehörige sind. Von den serbischen Behörden werden die Kinder dann ausschließlich als eigene Staatsangehörige betrachtet und behandelt. Ob sie daneben auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben, spielt also keine Rolle.
Deutschland und Serbien sind Mitgliedstaaten des „Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung“ (HKÜ) vom 25.10.1980. Ziel dieses Übereinkommens ist die schnellstmögliche Rückführung widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener Kinder. Zur Durchführung des Übereinkommens sind in jedem Land Zentrale Behörden eingerichtet. In Deutschland ist dies das:
Bei Kindesentziehungen in einen der Vertragsstaaten wird dringend empfohlen, umgehend das Bundesamt für Justiz zu kontaktieren. Anfragen und Antragstellung über das Bundesamt für Justiz sind für die Hilfesuchenden gebührenfrei. In Serbien ist zentrale Behörde das:
Die zentralen Behörden kommunizieren direkt miteinander. Die ersuchte Behörde kann mit dem anderen Elternteil Kontakt aufnehmen und zunächst versuchen, eine freiwillige Rückgabe zu erreichen. Ist dies nicht möglich, wird sie in der Regel eine gerichtliche Entscheidung (s.u.) über die Rückführung herbeiführen.
Außergerichtliche Lösungen
Wegen des ungewissen Ausgangs gerichtlicher Verfahren im Ausland sollte nach Möglichkeit eine einvernehmliche Lösung der Kindeseltern angestrebt werden. Es muss sorgfältig erwogen werden, ob der langwierige und teure Rechtsweg einfacher ist als ein Gespräch - erforderlichenfalls unter Einbeziehung von Vertrauenspersonen oder Beratungsstellen - bei dem sich die Eltern ungeachtet ihrer persönlichen Differenzen vom Wohl der gemeinsamen Kinder leiten lassen. Rechtspositionen – mögen sie nach deutschem Empfinden auch noch so eindeutig sein – helfen oft nicht weiter. Entscheidungen deutscher Gerichte nützen nichts, wenn sie im Ausland nicht durchgesetzt werden können. Andere Staaten beanspruchen ebenso wie Deutschland das Recht, auf ihrem Staatsgebiet durch ihre Behörden und Gerichte souverän selbst zu entscheiden.
Gerichtliche Verfahren
Soll dennoch der Rechtsweg beschritten werden, stehen grundsätzlich zwei mögliche Verfahrenswege zur Verfügung. Welcher am ehesten Erfolg versprechend ist, sollte mit einem Rechtsanwalt erörtert werden.
- Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Beschlusses: Falls ein Beschluss eines deutschen Gerichts über das Sorge- oder Aufenthaltsbestimmungsrecht bereits ergangen ist, kann der berechtigte Elternteil versuchen, diesen Beschluss in dem Land gerichtlich anerkennen und für vollstreckbar erklären zu lassen, in das die Kinder verbracht worden sind. Ohne den erfolgreichen Abschluss dieser Verfahren ist eine deutsche gerichtliche Entscheidung in einem ausländischen Staat nicht verbindlich.
- Erwirken eines ausländischen Beschlusses: Alternativ kann vor dem zuständigen Gericht in dem Staat, in den die Kinder verbracht worden sind, ein eigenständiges Sorgerechtsverfahren mit dem Ziel eingeleitet werden, auf der Grundlage des so erlangten ausländischen gerichtlichen Beschlusses die Herausgabe der Kinder zu erwirken.
Nach den Erfahrungen der Botschaft können beide Verfahrenswege sehr langwierig und teuer sein. Dabei werden die Betroffenen auch nicht ohne die Hilfe eines ortsansässigen Rechtsanwalts auskommen. Die Anwaltsliste der Botschaft finden Sie hier. Gerichts- und Rechtsanwaltskosten können gleichfalls weder vom Auswärtigen Amt noch von der Botschaft übernommen werden.
Strafrechtliche Konsequenzen
Die Entziehung Minderjähriger wird nach den Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches (§ 235 StGB) geahndet. Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung ist ein Antrag der Person, deren Elternrecht verletzt wird. Ausnahmen von dem Antragsgrundsatz gelten unter anderem dann, wenn die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) ein Einschreiten von Amts wegen bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses für geboten hält. Die Erfahrung zeigt aber, dass strafrechtliche oder polizeiliche Maßnahmen allein nur in Ausnahmefällen zum Ziel führen. Deutsche Väter oder Mütter, die gegen den Willen des anderen Elternteils oder unter Missachtung eines Beschlusses eines ausländischen Gerichts ein gemeinsames Kind aus dem Ausland nach Deutschland verbringen, machen sich daher gegebenenfalls nach dortigem Recht strafbar.
Beratungsangebote
Bei Kindesentziehungen in einen Mitgliedstaat des HKÜ sollte umgehend das Bundesamt für Justiz als die zuständige deutsche Zentrale Behörde kontaktiert werden. Umfassende Beratung zu grenzüberschreitenden Umgangs- und Sorgerechtskonflikten sowie zu internationalen Kindesentführungen finden Sie bei der Zentralen Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation (ZANK) und beim Internationalen Sozialdienst (ISD) in Berlin. Zudem können auch die Mediations- und Vermittlungsorganisationen MIKK e.V. bzw. der Verband Binationaler betroffene Eltern beraten. Auch Erziehungs- und Familienberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände, Orts- oder Kreisverbände des Deutschen Kinderschutzbundes oder Jugendämter können unterstützend tätig werden.